Ist mein Hund zu dick? Über­ge­wicht beim Hund

Wuss­test du, dass jeder zweite erwach­sene Hund in Deutsch­land über­ge­wich­tig ist? Das ist lei­der kein harm­lo­ses Schön­heits­pro­blem, son­dern hat erheb­li­che Aus­wir­kun­gen auf die Gesund­heit, Lebens­qua­li­tät und Lebens­er­war­tung dei­nes Hun­des.

Ein zu hohes Gewicht:

  • belas­tet Gelenke, Herz-Kreis­lauf- und Immun­sys­tem
  • ver­kürzt die Lebens­er­war­tung um durch­schnitt­lich zwei Jahre
  • erhöht das Risiko bei Nar­ko­sen, weil Nar­ko­se­mit­tel anders ver­teilt und abge­baut wer­den
  • erschwert chir­ur­gi­sche Ein­griffe und ver­zö­gert die Wund­hei­lung
  • begüns­tigt Tumor­bil­dung und Dia­be­tes

Ursa­chen & Risi­ko­fak­to­ren

Über­ge­wicht ent­steht, wenn die Ener­gie­zu­fuhr grö­ßer ist als der Ener­gie­ver­brauch. Meist durch fal­sche Füt­te­rung und zu wenig Bewe­gung. Doch es gibt einige wei­tere begüns­ti­gende Fak­to­ren:

  • Über­füt­te­rung (fal­sche Por­ti­ons­grö­ßen) oder unge­eig­nete Zusam­men­set­zung
  • Alter (ab ca. 7 Jah­ren sinkt der Ener­gie­be­darf)
  • Kas­tra­tion (redu­ziert den Kalo­rien­be­darf)
  • Hor­mo­nelle Stö­run­gen (z. B. Schild­drü­sen­un­ter­funk­tion, Mor­bus Cus­hing)
  • Rasse (Bea­gle, Labra­dor, Dackel, Cocker Spa­niel nei­gen beson­ders zu Über­ge­wicht)
  • Geschlecht (Rüden sind häu­fi­ger betrof­fen)
  • Gesund­heits­pro­bleme wie Arthrose, Herz- oder Atem­wegs­er­kran­kun­gen (ver­min­derte Akti­vi­tät)
  • Medi­ka­mente (z. B. Cor­ti­cos­te­ro­ide)
  • aber auch Angst oder Depres­sion (ver­min­derte Akti­vi­tät)

Fol­gen von Über­ge­wicht

Über­ge­wicht ver­än­dert den gesam­ten Stoff­wech­sel:

  • der Kör­per­fett­an­teil steigt von 10–20 % öfter auch wei­ter auf bis zu 40 %
  • neue Fett­zel­len wer­den gebil­det, um den Über­schuss zu spei­chern (Bauch‑, Brust­höhle und im Bin­de­ge­webe der Organe)
  • Fett­zel­len wir­ken wie hor­mon­ak­tive Organe: sie set­zen Stoff­wech­sel- und Ent­zün­dungs­fak­to­ren frei. Diese Ver­än­de­run­gen füh­ren zu einem hor­mo­nel­len Ungleich­ge­wicht, das wie­derum Krank­hei­ten begüns­tigt wie:
  • Dia­be­tes mel­li­tus (durch Insu­lin­re­sis­tenz)
  • Osteo­ar­thri­tis (Gelenk­ver­schleiß durch Ent­zün­dungs­me­dia­to­ren)
  • Herz‑, Kreis­lauf- und Atem­wegs­er­kran­kun­gen
  • Haut­pro­bleme (Der­ma­ti­tis)
  • Inkon­ti­nenz (beson­ders bei kas­trier­ten Hün­din­nen)
  • Ver­stop­fung und Wund­hei­lungs­stö­run­gen
  • letzt­end­lich ster­ben über­ge­wich­tige Hunde im Schnitt zwei Jahre frü­her als nor­mal­ge­wich­tige Hunde

Wie erkennt man Über­ge­wicht?

10 % über dem Ide­al­ge­wicht gel­ten als begin­nen­des Über­ge­wicht und 20 % über dem Ide­al­ge­wicht bedeu­ten ein deut­li­ches Über­ge­wicht. Aber woher weiß ich was mein Hund wie­gen sollte? Als Richt­wert kann man nach Ras­se­pro­fi­len gehen oder nach dem Mut­ter­tier, sofern die­ses bekannt ist. Aber das Kör­per­ge­wicht allein ist kein siche­rer Indi­ka­tor. Ent­schei­dend sind Kör­per­form und Tast­be­fund, beur­teilt nach dem Body Con­di­tion Score (BCS). Dies ist ein 5- bis 9‑Pun

kte-Sys­tem. Das 9‑Punkte-Sys­tem nach LaFlamme (1997) gilt als Stan­dard, wäh­rend das 5‑Punkte-Sys­tem eine ver­ein­fachte Vari­ante ist.

Bewer­tet wird mit­tels:

  • Pal­pa­tion – abtas­ten von Rip­pen und Kno­chen­punk­ten
  • Aspek­tion – opti­sche Beur­tei­lung der Bauch­li­nie und Taille

Bei lang­haa­ri­gen oder stark behaar­ten Ras­sen hilft nur das Erfüh­len der Kno­chen­punkte und Fett­de­pots.

Wenn nun mein/​e Tierarzt/​ärztin oder ich sel­ber fest­stelle, dass mein Hund zu dick ist, wie setze ich ihn/​sie auf Diät?

Gewichts­re­duk­tion – so klappt die Diät beim Hund

Viele Hun­de­hal­te­rIn­nen den­ken beim Thema Abneh­men meist: „Ich geb ein­fach weni­ger Fut­ter – dann wird das schon.“ Doch „Friss die Hälfte“ führt zu neuen Pro­ble­men. Warum? Weil dabei nicht nur die Kalo­rien­menge, son­dern auch alle wich­ti­gen Nähr­stoffe redu­ziert wer­den. So ent­ste­hen schnell Man­gel­zu­stände, vor allem bei Pro­te­inen, Vit­ami­nen und Mine­ral­stof­fen. Die Fol­gen sind Mus­kel­schwund statt Fett­ab­bau, Antriebs­lo­sig­keit, ein ver­zö­ger­tes Immun­sys­tem und ein immer hung­ri­ger Hund, der ver­mehrt bet­telt oder gestresst ist.

Statt ein­fach weni­ger zu füt­tern, braucht es also eine gezielte, aus­ge­wo­gene Reduk­ti­ons­stra­te­gie, die Fett abbaut, aber Mus­ku­la­tur und Vita­li­tät erhält. Bevor du selbst die Ration kürzt, soll­test du den Ernäh­rungs­plan pro­fes­sio­nell über­prü­fen und ermit­teln las­sen in einer indi­vi­du­el­len Ernäh­rungs­be­ra­tung. Maß­ge­schnei­derte auf dei­nen Hund und seine indi­vi­du­el­len Bedürf­nisse.  Damit dein Hund gesund abnimmt, aber opti­mal ver­sorgt bleibt.

Es besteht zwar die Mög­lich­keit einer kon­trol­lier­ten Reduk­tion, bei der die Fut­ter­menge auf maxi­mal 60 % des Erhal­tungs­be­darfs gesenkt wird. Diese Methode funk­tio­niert aber nur, wenn die Ration dabei aus­ge­wo­gen bleibt. Da dies eher sel­ten der Fall ist bewährt sich eine rich­tige Reduk­ti­ons­diät.

Die Reduk­ti­ons­diät

Bei die­ser Vari­ante wird ein spe­zi­el­les Diät­fut­ter oder eine spe­zi­ell ange­passte Barf-/Koch­ra­tion mit gerin­ge­rem Ener­gie­ge­halt ein­ge­setzt, etwa 15–25 % unter dem nor­ma­len Erhal­tungs­be­darf. Bei einem hohen Pro­te­in­ge­halt, der die Mus­ku­la­tur erhält, fett­arm aber dafür bal­last­stoff­reich (z. B. FOS, MOS, Floh­sa­men, Pek­tine, Zel­lu­lose). So erfolgt ein lang­sa­mer, ste­ti­ger Gewichts­ver­lust von ca. 1–2 % pro Woche.

Wäh­rend Fer­tig­fut­ter dabei eine Ener­gie­dichte unter 1,5 MJ umsetz­bare Ener­gie (uE) pro 100 g Tro­cken­sub­stanz haben sollte gel­ten bei der Eigen­ra­tion andere Maß­stäbe: hoch­ver­dau­li­che Pro­te­ine, wenig Fett, aus­rei­chen Koh­len­hy­drate und bal­last­stoff­rei­ches Gemüse. Hier ist die Berech­nung der Nähr­stoff­ge­halte beson­ders wich­tig.

Resis­tente Stärke – der unter­schätzte Hel­fer

Ein span­nen­der Ansatz für Hunde mit Über­ge­wicht ist der Ein­satz von resis­ten­ter Stärke. Sie ent­steht, wenn stär­ke­hal­tige Lebens­mit­tel (wie Kar­tof­feln oder Reis) gekocht und anschlie­ßend abge­kühlt wer­den. Diese Form der Stärke wird im Dünn­darm nicht voll­stän­dig ver­daut und wirkt im Dick­darm ähn­lich wie Bal­last­stoffe – mit gleich meh­re­ren Vor­tei­len: Sie för­dert das Sät­ti­gungs­ge­fühl, unter­stützt eine gesunde Darm­flora, sta­bi­li­siert den Blut­zu­cker­spie­gel und kann so Heiß­hun­ger ver­mei­den. Gerade bei selbst zube­rei­te­ten Koch­ra­tio­nen oder BARF-Plä­nen kann resis­tente Stärke gezielt ein­ge­setzt wer­den, um die Diät zu unter­stüt­zen.

Mehr dazu fin­dest du in mei­nem Bei­trag: „Resis­tente Stärke – unter­schätz­ter Hel­fer“

Bewe­gung – das zweite Stand­bein der Diät

Neben einer ange­pass­ten Füt­te­rung ist Bewe­gung ent­schei­dend für den Erfolg. Län­gere, abwechs­lungs­rei­che Spa­zier­gänge oder Wan­de­run­gen unter­stüt­zen die Gewichts­re­du­zie­rung. Auch Schwim­men als gelenk­scho­nen­des Trai­ning eig­net sich her­vor­ra­gend. Wer mag kann sei­nen Hund mit Phy­sio­the­ra­pie unter­stüt­zen zur Kräf­ti­gung und Mobi­li­sie­rung. Beachte bitte: Mehr Bewe­gung bedeu­tet nicht auto­ma­tisch mehr Tempo – regel­mä­ßige, kon­trol­lierte Akti­vi­tät ist das Ziel.

 

Leckerli & All­tags­tipps für über­ge­wich­tige Hunde

Auch kleine Extras haben extra Kalo­rien! Des­halb soll­ten Leckerli spar­sam ein­ge­setzt und von der Tages­ra­tion abge­zo­gen wer­den. Gemüse oder spe­zi­elle kalo­rien­arme Snacks kön­nen her­vor­ra­gend als Alter­na­tive genutzt wer­den. Mit Fut­ter­spie­len oder Anti­sch­lin­g­näp­fen lässt sich außer­dem die Fress­zeit ver­län­gern. Je nach Menge der Por­tion, hilft es man­chen Hun­den auch die Ration über den Tag als 2–3 klei­nere Mahl­zei­ten zu geben.

 

Sinn­volle Ergän­zun­gen bei Adi­po­si­tas

Man­che Zusätze kön­nen den Gewichts­ver­lust zusätz­lich unter­stüt­zen. Zum einen lässt sich L‑Carnitin ein­set­zen, denn es för­dert Fett­ver­bren­nung und erhält die Mus­ku­la­tur. Lass dir bei der Dosie­rung bitte von dei­ner Tier­arzt­pra­xis oder einer/​m Ernäh­rungs­be­ra­te­rIn hel­fen.

Auch der Ein­satz von Zel­lu­lose (bis 1 g/​kg Körpergewicht/​Tag) ist hilf­reich, denn er sorgt für zusätz­li­che Sät­ti­gung. Hier gilt die Menge lang­sam zu stei­gern!

 

Ziel­ge­wicht erreicht – und jetzt?

Ist das Wunsch­ge­wicht geschafft, geht’s an die Erhal­tungs­phase. Jetzt heißt es: dran­blei­ben, denn sonst droht der bekannte Jojo-Effekt. Ein struk­tu­rier­ter Fut­ter­plan und regel­mä­ßige Gewichts­kon­trol­len hel­fen, das neue Wohl­fühl­ge­wicht lang­fris­tig zu hal­ten damit dein Hund fit, aktiv und lebens­froh