Kot­fres­sen beim Hund und die Rolle von Ana­nas

Das Thema Kot­fres­sen, auch Kopro­pha­gie genannt, ist für viele Hun­de­hal­te­rIn­nen eine echte Her­aus­for­de­rung. Man wünscht sich eine schnelle Lösung, kauft Sup­ple­mente, pro­biert Tipps und stößt dabei oft auch auf den Rat­schlag, Ana­nas zu füt­tern. Doch was steckt dahin­ter? Warum fres­sen Hunde über­haupt Kot? Wel­che Rolle spielt die Ernäh­rung? Und wann han­delt es sich um eine Ver­hal­tens­auf­fäl­lig­keit?

Im Fol­gen­den fin­dest du eine Über­sicht über Fak­ten, Stu­dien, Erfah­run­gen und offene Fra­gen.

Was ist Kopro­pha­gie und wie häu­fig kommt sie vor?

Als Kopro­pha­gie bezeich­net man das absicht­li­che Fres­sen von Kot. Sei es der eigene Kot, der von Art­ge­nos­sen oder sogar von ande­ren Tie­ren oder Men­schen.

Laut der Stu­die „The para­dox of canine con­spe­ci­fic copro­phagy“ (Hart et al., 2018) zei­gen etwa 16 % der Hunde häu­fi­ges Kot­fres­sen, wäh­rend rund 23 % zumin­dest ein­ma­lig Kot fres­sen.

Quelle: Hart et al. 2018 – https://​online​li​brary​.wiley​.com/​d​o​i​/​1​0​.​1​0​0​2​/​v​m​s​3​.92

Wel­che Gründe ste­cken hin­ter dem Kot­fres­sen?

Die Ursa­chen sind viel­fäl­tig:

„Greedy Eaters“ – Hunde, die schnell, gie­rig und alles fres­sen, nei­gen stär­ker zum Kot­fres­sen.

Unkon­trol­lier­ter Zugang zu fri­schem Kot durch Mehr­hun­de­hal­tung, auf Hun­de­wie­sen oder in Pen­sio­nen erhö­hen zusätz­lich die Wahr­schein­lich­keit.

Rein­lich­keit – bei Hun­den in Tier­hei­men wurde und wird immer wie­der beob­ach­tet, wie sie ihren Zwin­ger sel­ber „rei­ni­gen“.

Ver­hal­tens­auf­fäl­lig­kei­ten – hier gibt es meh­rere Facet­ten, dar­auf gehen wir spä­ter ein.

Ernäh­rungs­be­dingte Ursa­chen: Kot von Hun­den, die sehr nähr­stoff­rei­ches oder schlecht ver­dau­li­ches Fut­ter erhal­ten, riecht und schmeckt für andere Hunde attrak­tiv. Beson­ders anfäl­lig sind Tiere mit Para­si­ten, Ver­dau­ungs­stö­run­gen, Mal­ab­sorp­tion, Man­gel­er­näh­rung oder enzy­ma­ti­schen Defi­zi­ten. Quelle: Arden Grange Fact Sheet Copro­pha­gia – https://​www​.arden​grange​.com/​n​u​t​r​i​t​i​o​n​-​a​n​d​-​a​d​v​i​c​e​/​f​a​c​t​-​s​h​e​e​t​s​/​c​a​n​i​n​e​-​f​a​c​t​-​s​h​e​e​t​s​/​f​a​c​t​-​s​h​e​e​t​-​b​e​h​a​v​i​o​r​-​s​e​c​t​i​o​n​/​f​a​c​t​-​s​h​e​e​t​-​c​o​p​r​o​p​h​a​gia

Warum kommt hier Ana­nas ins Spiel?

Ana­nas ent­hält das Enzym Bro­me­lain, das den Kot so ver­än­dern soll, dass er für Hunde unat­trak­tiv wird. Aller­dings gibt es bis­lang keine kon­trol­lier­ten Stu­dien dazu, dass Ana­nas Kopro­pha­gie wirk­sam ver­hin­dert. Auch Erfah­rungs­be­richte gehen hier aus­ein­an­der, man­che Hal­te­rIn­nen berich­ten von Erfol­gen, andere von kei­ner­lei Wir­kung. Die Frage hier­bei ist wie­derum: Wurde die Ana­nas rich­tig ange­wen­det?

In der Stu­die von Hart et al. (2018) zeigte sich außer­dem, das Fut­ter­zu­sätze, Haus­mit­tel oder spe­zi­elle Prä­pa­rate nur eine ins­ge­samt geringe Erfolgs­rate erziel­ten. Quelle: Hart et al. 2018 – https://​online​li​brary​.wiley​.com/​d​o​i​/​1​0​.​1​0​0​2​/​v​m​s​3​.92

Aber Kot­fres­sen ist nicht nur ein rei­nes Füt­te­rungs­thema, denn eine wei­tere Stu­die (Eva­lua­tion of the Influence of Copro­pha­gic Beha­vior on the Diges­ti­bi­lity MDPI-Stu­die 2022 – https://www.mdpi.com/2306–7381/9/12/686) fand her­aus, dass Kot­fres­sen nicht aus­schließ­lich mit Nähr­stoff­män­geln oder schlech­ter Füt­te­rung zusam­men­hängt. Es kann auch rein ver­hal­tens­be­dingt sein.

Mög­li­che Ursa­chen sind u.a. Unsi­cher­heit oder Stress. Sehr unsi­cher Hunde oder Wel­pen, uri­nie­ren in Pfüt­zen oder Bäche und fres­sen Kot, um „Spu­ren zu ver­wi­schen“.  So blei­ben sie unauf­fäl­lig. Wäh­rend andere Hunde Kot aus­schließ­lich und gezielt in Anwe­sen­heit ihres Men­schen fres­sen um damit Auf­merk­sam­keit auf sich zu zie­hen. Die Tier­heil­pra­xis Cas­pers geht dar­auf aus­führ­li­cher ein: https://​www​.tier​heil​pra​xis​-eli​sa​beth​cas​pers​.de/​2​0​1​9​/​0​6​/​1​2​/​k​o​p​r​o​p​h​a​g​i​e​-​b​e​i​m​-​h​u​nd/

Maß­nah­men gegen Kopro­pha­gie

1. Rati­ons­über­prü­fung – Ernäh­rung anpas­sen, sicher­stel­len, dass Ener­gie- und Nähr­stoff­be­darf indi­vi­du­ell auf dein Tier abge­stimmt und gedeckt sind.

2. Trai­ning & Gewohn­heits­än­de­rung – Hat sich das Kot­fres­sen eta­bliert, hilft zusätz­lich geziel­tes Trai­ning, z. B. mit einem neuen Abbruch­si­gnal wie „Leave it“ und einer neuen, attrak­ti­ven Beloh­nung.

3. Medi­zi­ni­sche Abklä­rung – Aus­schluss von Para­si­ten, Pan­kre­as­pro­ble­men oder ande­ren Erkran­kun­gen.

4. Ergän­zungs­prä­pa­rate mit Ana­nas­en­zy­men, diese ent­hal­ten aber meist auch wei­tere Zuta­ten wie Papain oder Yucca-Extrakt) da sie für die Ver­dau­ung ange­bo­ten wer­den, doch die Wirk­sam­keit ist wis­sen­schaft­lich kaum belegt. Erfolg: ca. 50:50. Des wei­te­ren gibt es Bro­me­lain Prä­pa­rate zur Behand­lung von Arthrose worin dann Glu­kos­amin oder andere gelenkauf­bau­ende Sub­stan­zen sind. Kom­po­nen­ten die in die­sem Fall nicht benö­tigt wer­den, daher emp­fiehlt sich ein rei­nes Bro­me­lain-Prä­pa­rat aus dem huma­nen Bereich. Die emp­foh­lene Dosie­rung für pures Bro­me­lain liegt bei ca. 15 mg pro Pfund Kör­per­ge­wicht, also etwa 33 mg pro kg Kör­per­ge­wicht (Petco, Angel Alva­rado, 2018 – https://​www​.petco​.com). Eine tier­ärzt­lich aus­ge­spro­chene Emp­feh­lung folgt.

Vor­teile von Ana­nas als Ergän­zung

Sie ist Nähr­stoff­reich: Ana­nas ist kalo­rien­arm, lie­fert Vit­amin C, Kalium, Man­gan, Eisen, Kup­fer und Zink. Diese Nähr­stoffe unter­stüt­zen das Immun­sys­tem, för­dern Haut- und Fell­ge­sund­heit und stär­ken die Kno­chen.

Sie ent­hält Bro­me­lain: Die­ser Stoff ist das zen­trale Enzym der Ana­nas. In kli­ni­schen Stu­dien wurde nach­ge­wie­sen, dass Bro­me­lain eine ent­zün­dungs­hem­mende und schmerz­lin­dernde Wir­kung hat – ver­gleich­bar mit klas­si­schen Schmerz­mit­teln. Des­halb fin­det man es heute in vie­len Arthrose-Sup­ple­men­ten für Hunde.

Wei­tere Effekte: Bro­me­lain wird außer­dem eine ver­dau­ungs­för­dernde, wund­hei­lende, herz-kreis­lauf-stär­kende Wir­kung zuge­schrie­ben. Auch als Unter­stüt­zung bei Magen­ge­schwü­ren und als natür­li­cher „Wurm­kil­ler“ wird es dis­ku­tiert. Nach­weise zu der Schmerz­mit­tel ähn­li­chen Wirk­sam­keit von Bro­me­lain ergab die Stu­die Atua­hene D. et al. (2023): A Sup­ple­ment with Bro­me­lain, Len­tinula edo­des, and Querce­tin: Anti­oxi­dant Capa­city and Effects on Mor­pho­func­tional and Fecal Para­me­ters in Ken­nel Dogs, Jour­nal of Vete­ri­nary Sci­ence (https://www.mdpi.com/2306–7381/9/12/686)

 

Risi­ken und Kon­tras von Ana­nas als Bei­fut­ter

Hoher Säu­re­ge­halt: Fri­sche Ana­nas kann bei emp­find­li­chen Hun­den zu Sod­bren­nen, Blä­hun­gen und Durch­fall füh­ren.

Kalium: Zwar wich­tig für Herz- und Ner­ven­funk­tion, doch kann zu viel Kali­um­ge­halt den pH-Wert des Harns erhö­hen und damit das Risiko für Stru­vit­steine stei­gern.

Frucht­zu­cker: För­dert Über­ge­wicht, Zahn­pro­bleme und kann für Hunde mit Dia­be­tes pro­ble­ma­tisch sein. Getrock­nete Ana­nas ent­hält weni­ger Säure, aber deut­lich mehr Frucht­zu­cker.

Dosen-Ana­nas ist unge­eig­net als auch nicht ziel­füh­rend da Bro­me­lain hit­ze­emp­find­lich ist und schon bei 50 °C zer­stört wird. Außer­dem sind Dosen meist zusätz­lich gezu­ckert und ent­hal­ten bis zu 15 g Zucker pro 100 g (fri­sche Ana­nas: ca. 10 g/​100 g).

Quelle: PetMD „Can Dogs Eat Pineapple?“ – https://​www​.petmd​.com/​d​o​g​/​n​u​t​r​i​t​i​o​n​/​c​a​n​-​d​o​g​s​-​e​a​t​-​p​i​n​e​a​p​ple

Wie füt­tert man Ana­nas rich­tig?

Frisch: Nur rei­fes Frucht­fleisch, ohne Schale, Strunk, Blät­ter. Unreife Ana­nas wirkt abfüh­rend. Menge: 2–3x pro Woche etwa 20–70 g (je nach Größe/​Gewicht). Keine Ana­nas für Wel­pen!

Gefro­ren: Auf­ge­taut füt­tern, nicht erhit­zen.

Gefrier­ge­trock­net: Bro­me­lain bleibt hier weit­ge­hend erhal­ten. Menge wie oben.

Getrock­net: Nur unge­süßt und scho­nend getrock­net – hat aller­dings einen höhe­ren Zucker­ge­halt.

Bro­me­lain als Sup­ple­ment: Kap­seln oder Pul­ver sind eine prä­zise Mög­lich­keit. Dosie­rung laut Stu­dien: ca. 33 mg pro kg Kör­per­ge­wicht.

Stu­die: Atua­hene et al. 2023, Jour­nal of Vete­ri­nary Sci­ence – https://www.mdpi.com/2306–7381/9/12/686 auch zu fin­den auf Petco – https://​www​.petco​.com

Bei­spiel­pro­dukte

Bro­me­lain-Sup­ple­ment zur Ver­dau­ung

  • Her­stel­ler: Vet­Ex­pert Copro­Vet
  • Inhalt: Bro­me­lain (Ana­nas­ex­trakt), Lac­to­ba­cil­lus rham­no­sus, Ente­ro­coc­cus faecium

Bro­me­lain-Kap­sel für die Ver­dau­ung

  • Hil­de­gards Ver­dau­ungs­en­zyme für Hunde & Kat­zen
  • Inhalt: Pflanz­li­che Enzyme aus Ana­nas (Bro­me­lain) und Papaya (Papain)
  • Quelle: https://​beste​-kum​pels​.com

Getrock­nete Ana­nas­wür­fel für Hunde als Fut­ter­mit­tel

https://​vier​-patas​.de/​p​r​o​d​u​c​t​s​/​a​n​a​n​a​s​-​w​u​r​f​e​l​-​g​e​t​r​o​c​k​n​e​t​-​f​u​r​-​h​u​n​d​e​?​_​p​o​s​=​1​&​_​p​s​q​=​a​n​a​n​a​s​&​_​s​s​=​e​&​_​v​=​1.0

Gefrier­ge­trock­nete Ana­nas­stü­cke (für Men­schen)

https://www.korodrogerie.de/gefriergetrocknete-ananasstuecke-350‑g

Bro­me­lain Kap­seln pur (für Men­schen) emp­foh­len und genutzt von  Dr. med. vet. Katja Pfeil aus der Tier­kli­nik Dres­den

https://fairvital.de/Bromelain-500mg-60-Tabletten-1000mg-pro-Tagesdosis-600‑F.I.P.-Ananasenzym-Vegan-Fairvital-83006

Bei­spiel Dosie­rung bei einem 30kg Senio­ren Rüden 1 Kap­sel auf­ge­teilt auf mor­gens und abends.

Ent­spricht 500mg – nach der all­ge­mei­nen Dosie­rungs­emp­feh­lung könn­ten hier 990mg ver­ab­reicht wer­den, d.h. fast 2 Kap­seln, die dann die Ober­grenze aber errei­chen und über­schrei­ten. Eine Magen­rei­zung wäre dann wahr­schein­lich. Hier gilt wie bei jedem Sup­ple­ment: Lang­sam ein­schlei­chen, Hund und des­sen Kör­per­re­ak­tio­nen beob­ach­ten

Weni­ger ist mehr statt viel hilft viel!

Pfoten­funk Fazit

Kot­fres­sen hat viele mög­li­che Ursa­chen, von Ernäh­rungs­de­fi­zi­ten über Stress bis hin zu rei­nen Gewohn­hei­ten. Ana­nas bzw. das ent­hal­tene Bro­me­lain kann unter­stüt­zend wir­ken, ist aber kein Wun­der­mit­tel mit 100% Erfolgs­quote.

Die wich­tigs­ten Schritte blei­ben:

✅ Ernäh­rung über­prü­fen

✅ medi­zi­ni­sche Abklä­rung

✅ unter­stüt­zen­des, kon­se­quen­tes Trai­ning

✅ und zu Letzt eine gezielte Sup­ple­men­tie­rung

Ich hoffe du hast mit die­sem Bei­trag ein paar neue Erkennt­nisse gewon­nen.

Danke für deine Zeit, auch im Namen dei­nes Hun­des.