Leishmaniose Basics
Seit geraumer Zeit kursieren auf Socialmedia Reels und andere Beiträge mit Titeln wie: „Tödliche Pfützen“. Mit hochwertig generierten KI Bildern, werden Hunde gezeigt die aus Pfützen trinken und dabei Larven der Sandmücke aufnehmen und sich so mit der „tödlichen“ Leishmaniose infizieren. Zwei Dinge vorab: 1. Leishmaniose ist nicht tödlich. 2. Die Übertragung über Wasser oder die Aufnahme von Larven funktioniert so nicht. Dennoch wird schneller geteilt als hinterfragt und Panik macht sich breit. Daher nutze ich diesen Anlass, ein wenig über Leishmaniose aufzuklären, denn auch von Leishmaniose betroffene Hunde, benötigen eine etwas angepasste Ernährung. Aber fangen wir von vorne an.
Wie überträgt sich Leishmaniose?
Leishmanien-Parasiten werden durch den Stich einer infizierten Sandmücke der Gattungen Phlebotomus oder Lutzomyia übertragen. Der Parasit benötigt die Sandmücke als Vektor, also als Wirt und als Überträger. Diese Sorte Sandmücken gibt es längst nicht mehr nur in südlichen Ländern, sondern längst in Europa, auch hier vor Ort. Die Leishmania-Parasiten vermehren sich im Verdauungstrakt der weiblichen Mücken, nur die Weibchen können Leishmaniose übertragen. Sie legen ihre Eier an feuchten, schattigen Orten ab, wie alten Mauern, Erdlöchern, Ställen oder Müllplätzen. Die Larven entwickeln sich dort bis zum Puppenstadium. Im Gegensatz zu Stechmücken benötigen Sandmücken somit kein offenes Wasser für ihre Entwicklung und befinden sich nicht in Pfützen. Sie selbst saugen auch kein Blut und übertragen den Erreger somit auch nicht. Davon abgesehen, sterben Leishmania-Parasiten außerhalb des Wirtskörpers, besonders im Kontakt mit Sauerstoff, sehr schnell ab. Somit ist Leishmaniose weder durch Wasser noch durch Speichel übertragbar.
Es braucht also nicht viel Recherche um festzustellen, dass sich Hunde in Pfützen einiges einfangen können, aber keine Sandmückenlarven und erst echt keine Leishmaniose.
Ist eine Übertragung von Hund zu Hund möglich?
Ein Leishmaniose-positiver Hund ist KEINE Gefahr für andere Hunde oder Menschen! Immer noch zu Unrecht stigmatisiert, wird von betroffenen Hunden gerne Abstand genommen. Völlig unnötig, denn es besteht kein Übertragungs-Risiko über Speichel. Sie können sich bedenkenlos ein gemeinsames Wasser teilen, sich gegenseitig pflegen und kuscheln oder miteinander spielen. Selbst wenn ein gesunder Hund, einem kranken Hund über einen Kratzer lecken würde, würde nur dann ein Risiko bestehen, wenn der gesunde Hund eine offene Wunde in der Maulhöhle hat.
Übertragen werden kann Leishmaniose nur von Blut zu Blut oder im Kontakt von Blut mit Schleimhäuten. zum Beispiel wenn sich zwei Hunde gegenseitig blutig beißen oder wenn eine Bluttransfusion bzw. die Blutkonserve infiziert war. Aber auch beim Deckakt, denn dabei können kleinere, leicht blutende Wunden an den Schleimhäuten entstehen. Somit liegt es weniger an den intimen Körperflüssigkeiten, als mehr an kleineren Verletzungen und die Übertragung via Blut. Doch selbst dann spielen weitere Faktoren eine Rolle, wie der Gesundheitszustand und die Immunabwehr des Hundes, damit sich der andere Hund wirklich infizieren kann.
Fazit: Ich arbeite zusätzlich in einer Pension und dort sind auch Leishmaniose Hunde willkommen und in die Gruppe integriert, einschließlich meiner eigenen Hunden. Würde ein Risiko bestehen, würde ich die Gesundheit meiner Hunde nicht riskieren.
Ist eine Übertragung von Hund zu Mensch möglich?
Leishmaniose ist eine Zoonose, das bedeutet, dass sie bei Tieren und beim Menschen vorkommen kann. Im Regelfall auch beim Menschen, nur durch den Stich der Sandmücke. Im normalen Umgang mit dem Hund wird sie nicht übertragen. Auch hier besteht ein geringes Risiko ausschließlich Blut-zu-Blut-Kontakt. Und wieder spielt dann die Immunabwehr eine wichtige Rolle. Menschen mit einem schwachen Immunsystem wie Senioren, Kleinkinder oder durch Immunkrankheiten, sind eher einem Infektionsrisiko ausgesetzt, als gesunde Menschen. Betroffene Hunde sind kein großes Risiko und dürfen nicht länger stigmatisiert werden. Sie brauchen ebenso Schutz, Pflege, Kontakt mit Artgenossen und ein Zuhause, wie jeder andere Hund auch.
Bei Infektion – wie lange dauert die Inkubationszeit?
Das tückische bei Leishmaniose ist, dass sie sich erst nach ein paar Wochen bis zu 8 Jahren verbergen kann, bevor sie ausbricht. Manchmal bricht sie sogar nie aus. Dann ist der Hund ein Asymptomatischer Träger, also ein Ruhende Träger. Er ist infiziert, zeigt aber zu keinem Zeitpunkt Symptome. Er kann also positiv getestet sein und trotzdem ein ganz normales, beschwerdefreies und glückliches Leben führen. Ohne jegliche Einschränkungen. Wenn der Hund infiziert ist, verläuft die Krankheit mehrere Stadien.
Die Stadien der Leishmaniose
Es gibt vier verschiedene Krankheitsstadien:
Stadium 1 – kaum bis milde Erkrankung
Symptome: Leicht veränderte Blutwerte, verändertes Fellkleid, vergrößerte Lymphknoten. Dieses Stadium ist klinisch heilbar und der Hund wird resistent.
Stadium 2 – moderate Erkrankung
Symptome: Deutlich verändertes Blutbild, wesentlich vergrößerte Lymphknoten, Hautläsionen an den Ohren oder Gelenken, exfoliative Dermatitis*, Alopezie (Haarausfall), Appetitmangel und Gewichtsverlust. Ebenfalls noch heilbar, allerdings dauert die Heilung hier zwischen 6 Monaten und 1 Jahr.
* exfoliative Dermatisis = auch bekannt als Erythrodermie, eine schwere Hauterkrankung, bei der sich große Teile der Haut entzünden, rot werden und sich großflächig schuppen. Sie kann den gesamten Körper betreffen und zu Problemen mit der Temperaturregulierung und dem Flüssigkeitshaushalt führen.
Stadium 3 – schwere Erkrankung
Ähnliche Symptome wie in Stadium 2, jedoch kommt nun noch eine Nierenproblematik hinzu, einschließlich vermehrtem Trinken und verstärktem oder aber verringertem Harnabsatz. Auch in diesem Stadium ist die klinische Heilung noch möglich, während die Nierenproblematik i.d.R. bestehen bleibt.
Stadium 4 – sehr schwere Erkrankung
Zusätzlich zu den Symptomen von Stadium 3 folgt nun eine deutlichen Niereninsuffizienz einhergehend mit Appetitlosigkeit, weiteren Gewichtsverlust, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. In diesem Stadium ist die klinische Heilung nicht mehr möglich, Medikamente können nicht mehr viel bewirken. Die Krankheit bleibt bestehen und schreitet voran.
Wie wird Leishmaniose diagnostiziert?
Zur Diagnose von Leishmaniose gibt es zwei Methoden.
Methode 1 – ein Antikörpernachweis als indirekter Test.
Dieser zeigt an, ob das Immunsystem bereits Kontakt mit Leishmanien hatte. Dazu gibt es mehrere Varianten:
1.) Der Immunfluoreszenz-Antikörpertest (IFAT) ist der Goldstandard, zuverlässig aber aufwendig.
2.) Das ELISA Verfahren (Enzymgekoppelter Immunoassay) sensibel und auch für Verlaufskontrolle gut geeignet.
3.) Schnelltest (z. B. SNAP®) Dient der ersten Orientierung, ist aber weniger zuverlässig als Laborverfahren.
Methode 2 – ein Erregernachweis als direkter Test.
Er zeigt an, ob Leishmanien aktuell im Körper aktiv sind.
1.) PCR (Polymerase-Kettenreaktion) Nachweis des Erbguts der Leishmanien – hochsensitiv.
2.) Zytologie / Histologie: Erregernachweis in Gewebeproben (z. B. Lymphknoten, Knochenmark).
Kombiniert mit einem Blutbild und Organprofil entsteht ein Gesamtbild welches wichtig für Therapieentscheidung und Verlaufskontrolle ist.
Wie behandelt man Leishmaniose?
Die Behandlung erfolgt meist lebenslang und individuell, je nach Stadium und Symptomen. Die meisten Hunde erhalten Leishmaniostatische Mittel wie Allopurinol, dieses hemmt die Vermehrung des Parasiten. Es zeichnet sich aus durch eine gute Verträglichkeit und eine bewährte Nutzung als Langzeitmedikation. Ab diesem Zeitpunkt ist es zum einen wichtig die Nierenfunktion im Blick zu behalten als auch die Ernährung umzustellen auf eine proteinarme und phosphorarme Ration mit geringem Rohfaser-/ als auch Rohaschegehalt.
Einige Hunde erhalten zu dem auch Leishmaniozide Mittel, welche Erreger abtöten. Zum einen Miltefosin (z. B. Milteforan®) als orale Variante mit einer guten Wirksamkeit zu einem stolzen Preis oder Meglumin-Antimonat (Glucantime®) als Injektion, mit einer starken Wirkung, allerdings auch möglichen Nebenwirkungen. Wenn beide Mittel nicht wirken wird als Reservepräparat Liposomales Amphotericin B genutzt. Ein sehr wirksames Präparat, welches aufgrund seiner Kostspieligkeit nur in Spezialfällen genutzt wird.
Die Immunmodulation, also Beeinflussung des Immunsystem, ist ebenso ein Thema. Ein stabiles und gestärktes Immunsystem ist wie bei jeder Krankheit eine große Unterstützung. Über die Ernährung lässt sich da ganz einfach einiges beeinflussen. Alternativ wird begleitend oder präventiv mit Domperidon die zelluläre Abwehr stimuliert
Empfohlen werden parallele Therapie wie Nieren- oder Leberdiäten und die Unterstützung des Immunsystems via Antioxidantien, Omega‑3. Je nach Verlauf können auch Schmerzmittel ein Thema werden. Das Ziel ist die Symptomkontrolle zu behalten, Organe zu schützen und Lebensqualität zu erhalten. In den Anfangsstadien sind die Chancen hoch, dass der Hund die Krankheit durchsteht oder sie stabilisiert. So ist eine gute und lange Lebensqualität möglich.
Warum Leishmaniose den Appetit beeinflusst
Leishmaniose ist eine komplexe Erkrankung, die nicht nur medizinisch, sondern auch ernährungsphysiologisch besondere Aufmerksamkeit erfordert. Viele betroffene Hunde zeigen Symptome wie Übelkeit, Erbrechen oder Appetitlosigkeit – doch woher kommt das eigentlich?
Leishmaniose belastet den gesamten Organismus. Je nach Stadium kann es zu Magen-Darm-Beschwerden, Nierenbeteiligung, oder Leberstress kommen. Gerade im akuten Schub oder während der Einstellung auf Medikamente sind Übelkeit und Fressunlust häufige Begleiterscheinungen. Die betroffenen Hunde wirken „mäkelig“, fressen schlechter oder verweigern ganz. Eine sehr schmackhafte als auch gehaltvolle Ration, ist damit eine weitere Bedingung an die neue Kost.
Allopurinol & die Sache mit den Purinen
Ein zentraler Bestandteil der Therapie ist wie bereits erwähnt, das Medikament Allopurinol. Es wirkt leishmaniostatisch – das heißt, es hemmt die Vermehrung der Erreger. Allerdings bringt es einen entscheidenden Nebeneffekt mit sich: Allopurinol blockiert den Purinabbau. Purin ist ein Bestandteil von tierischem Protein, je purinreicher die Nahrung, desto höher die Belastung für den Stoffwechsel. Wird die purinreiche Nahrung in Kombination mit Allopurinol gegeben, können sich sogenannte Xanthinsteine in den Harnwegen bilden, das kann wiederum zu Harnabsatzproblemen oder sogar Nierenversagen führen.
Deshalb ist bei der Fütterung von Leishmaniose-Hunden unter Allopurinol-Therapie, eine purinarme und proteinbewusste Ernährung essenziell. Aber Achtung: purinarm bedeutet nicht automatisch proteinarm. Es kommt auf die Auswahl der Eiweißquellen an!
Geeignet sind:
- Ei (niedriger Purinwert, hochwertige Aminosäuren)
- Hüttenkäse (hat allerdings einen etwas höhere Phosphorgehalt)
- ausgewählte Milchprodukte
- mageres Muskelfleisch mit niedrigem Bindegewebeanteil
Weniger geeignet sind:
- Innereien (z. B. Leber, Niere)
- Bindegewebe (Haut & Sehnen)
- Knorpel
- Fisch (teilweise sehr purinreich)
- Fleischmehle oder stark verarbeitete Komponenten
Ein an Leishmaniose erkrankter Hund braucht mehr als nur Medikamente. Er braucht eine gut durchdachte, individuell angepasste Fütterung. Dabei geht es nicht nur um das, was er frisst, sondern auch wie viel und wann. Symptome wie Übelkeit und Appetitverlust sollten ernst genommen und gegebenenfalls mit der Tierärztin oder einem/r zertifizierten ErnährungsberaterIn besprochen werden. Denn ein Leishmaniose-gerechtes Fütterungskonzept kann dazu beitragen, Symptome zu lindern, Nebenwirkungen zu reduzieren und die Lebensqualität des Hundes deutlich zu verbessern. Ich stehe gerne zur Verfügung.
Pfotenfunk Leishmaniose Mythos Fazit:
Leishmaniose wird nicht über Pfützen übertragen und ist nicht tödlich sondern behandelbar. Mit der richtigen und umfassenden Therapie können betroffene Hunde lange, glückliche Leben führen. Sie stellen kein großes Risiko für andere Hunde da. Also: Bitte nicht auf Instagram-Mythen reinfallen und schenkt diesen Hunden eine Chance! 💚
Quellennachweise:
- In erster Linie das Buch Leishmaniose beim Hund von Angelika Henning https://leish.info/buch/ <- ein Must Have für betroffene HalterInnen
- Zobodat: Sandmücken, Leishmanien und Leishmaniosen https://www.zobodat.at/pdf/DENISIA_0030_0673-0694.pdf
- WHO Fact Sheet zu Leishmaniose https://www.who.int/health-topics/leishmaniasis
- CDC (DPDx): Leishmaniasis – Übertragung durch Sandmücken https://www.cdc.gov/dpdx/leishmaniasis/index.html
- ECDC: „Sand flies have a four-stage life cycle… larvae are mainly scavengers, feeding on organic matter… not blood.“ https://www.ecdc.europa.eu/en/disease-vectors/facts/phlebotomine-sand-flies
- PMC (NCBI): „In contrast to mosquitoes… sand flies do not have an aquatic stage… larvae feed on organic matter, not blood.“ https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8979968/
- CDC „About Leishmaniasis“ (März 2024): Übertragung ausschließlich durch Biss infizierter Sandflies https://www.cdc.gov/leishmaniasis/about/index.html
- Afrika Health Organisation Fact Sheet: „Transmitted through bites of infected female phlebotomine sandflies“ https://aho.org/fact-sheets/leishmaniasis-fact-sheet/
- ECDC & PMC: Vierstadien-Lebenszyklus der Sandmücke (ohne aquatisches Larvenstadium) https://www.ecdc.europa.eu/en/disease-vectors/facts/phlebotomine-sand-flies
- CDC DPDx: Entwicklung des Parasiten im Verdauungstrakt erwachsener Mücke https://www.cdc.gov/dpdx/leishmaniasis/index.html
- Wikipedia DE: „Leishmaniose wird durch Stiche weiblicher Sandmücken übertragen … Sandmücken legen ihre Eier auf dem Erdboden ab.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Leishmaniose
- Canine Leishmaniasis: Update on Epidemiology, Diagnosis… (PMC/NCBI) – Überblick zu IFAT, ELISA, Schnelltest, PCR, Zytologie/Histologie https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9416075/
- LeishVet Guidelines (PDF) – Staging & Behandlungsempfehlungen, Diagnoseverfahren Grafik https://www.leishvet.org/wp-content/uploads/2018/04/LeishVet-Guidelines-4Ed.pdf
- Leishmaniosis in Dogs (Merck Veterinary Manual, Apr 2025) – Serologie, PCR, Zytologie https://www.merckvetmanual.com/infectious-diseases/leishmaniosis/leishmaniosis-in-dogs
- PMCID: Canine Leishmaniasis Update… (ResearchGate) – molekulare & serologische Testverfahren https://doi.org/10.3390/vetsci9080387
- Canine Leishmaniasis: Update on Epidemiology… (PMC/NCBI) – Allopurinol, Meglumin-Antimoniate, Miltefosin, Nebenwirkungen, Resistenz https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9416075/
- Leishmaniosis—Langford Vets (UK PDF) – Kombitherapien, Medikationsprotokolle, Staging https://www.langfordvets.co.uk/media/gnqabszt/leishmania.pdf
- Leishmaniosis in Dogs (Merck Veterinary Manual) – Kombinationstherapien mit Allopurinol + Meglumin-Antimoniate oder Miltefosin, Immune Modulators (Domperidon) https://www.merckvetmanual.com/infectious-diseases/leishmaniosis/leishmaniosis-in-dogs
- Epidemiology & Management in SW Europe (PMC NCBI) – Kombitherapie und Stadienbasierte Therapieansätze https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3974741/
- LeishVet May 2022 (PDF) – Stadienbasierte Therapie-Empfehlungen, inkl. Domperidon https://www.leishvet.org/wp-content/uploads/2022/05/ALIVE-may22-web-EN.pdf